Historie

24. September 2013

Schutzengel

Heute sind wir von Elista nach Astrachan gefahren.
Klingt fürchterlich nüchtern der Satz. Dabei haben wir um 1 Sekunde die Ewigkeit verpasst. Ein entgegenkommendes Fahrzeug kam von seiner Straßenseite ab, schoss quer direkt vor uns den Abhang hinunter, machte einen Salto und kam zerbeult und mit kaputten Scheiben wieder auf den Rädern zum Stehen. Die haben auch alle mehr als nur einen Schutzengel gehabt.
Wir und viele andere Fahrzeuge hielten an, halfen der Familie (Großeltern, Tochter, Enkelin/Fahrerin mit Partner) mit Decken, Rat, Krankenwagen rufen, Gebiss suchen, Auto ausräumen, Warndreieck zur Schiene umbauen, Sachen zum Zudecken suchen .... Markus und Christoph leisteten den beiden Verletzten erste Hilfe (Großmutter hatte einen offnen Bruch am Schienbein). Es war alles ein bisschen freundlich chaotisch, vor allem als es um einen Verbandskasten ging. Jeder hatte einen (unseren hatte Markus heut morgen reingelegt) aber in jedem fehlte ein ordentlicher Druckverband. Unsere Vorstellung, der Krankenwagen kommt ja gleich, wurde von Alberta entschieden korrigiert: Das wird wohl so eine halbe Stunde dauern. Und so war es auch. Und was dann kam, schrie zum Himmel.
Ein alter B1000, klapprig, rostig, ausgestattet mit NICHTS !!! Der Arzt spritzte der Großmutter eine Beruhigungsspritze (Ampullen, Tupfer … werden einfach in die Steppe geworfen), es gab zwei Tragen, aber schon keine Möglichkeit, beide im Wagen zu verankern. Den Wagen zuschließen, damit die Türen nicht unterwegs aufgehen und die Patienten rausfallen, ist die gängige Methode.
Nach der Ambulanz kam die Polizei und der Abschleppdienst - das Kontrastprogramm.
Hätte uns der Wagen gerammt und wir wären gemeinsam den Abhang hinunter, ich glaube, die Variante „Ewigkeit“ wäre dann der Idealfall gewesen.

Aber auf der Fahrt nach Astrachan haben wir nach der obigen Aktion auch noch einen Salzsee besucht und in einer großen Sanddüne (vom kaspischen Meer von vor … Jahren übrig) Picknick gemacht. Und kamen völlig erschöpft nach 7 Stunden bei Mirella an. Dort war noch Zeit für einen kurzen Tee und dann ging es in die Stadt zum Gottesdienst.
Jeden Tag Gottesdienst klingt vielleicht ziemlich heftig aber das ist es nicht. Es ist, jedenfalls für mich, ein Zurückgeben des Tages. Ich hab ja hier auch keinen normalen Alltag … obwohl für die Menschen hier gehört es zum normalen Alltag. Auch ein Variante. Und sie fahren mit dem Auto, zumindest in Astrachan, eine halbe Stunde. Alberta in Elista zehn Minuten.

Von allen Bekannten hier sind grad nicht viele da: die kanadischen Schwestern sind in Kanada, Pater Waldemar ist irgendwo unterwegs, Irinoi arbeitet nicht mehr im Pfarrhaus, Sergej hat sich auf meine Mail nicht mehr gemeldet, Swetlana ist mit ihren Kindern auch unterwegs. So werden Sylvia und ich morgen ein bisschen durch die Stadt bummeln und uns mittags mit Christoph und Markus treffen, die vorher mit Mirella die Obdachlosenrunde gehen.

Heut nach dem Gottesdienst gab es noch eine kleine Teerunde im Pfarrhaus, dass endlich im Ganzen der Kirche gehört und nun auch saniert werden kann. Es ist eine große Baustelle, aber alle freuen sich auf das was wird. Zum Beispiel kommt der Hort, der bis jetzt im Haus Antoschka war mit ins Gemeindehaus. Ein Kindergarten war auch mal im Gespräch. Morgen ist hoffentlich noch Zeit um mit Pater Michael zu reden. Heute waren wir alle zu geschafft.
Nach dem Abendbrot bei Mirella waren alle froh, dass sie in ihre Betten konnten.

Und ich hab es wieder nicht geschafft, vor Mitternacht fertig zu werden. 00.05 Uhr zeigt mein Bruno. Morgen früh werde ich an Mirellas Computer versuchen, diesen Brief an Simon zu schicken. Bei Swetlana ging das die letzten Tage ganz schnell, aber ein neuer Computer ….

Ich wünsche euch allen einen schönen Tag und freue mich, dass wir uns wahrscheinlich wiedersehen.
Liebe Grüße Maria

1 Kommentar:

  1. Komm gefälligst heil wieder nach Haus, Mutter!
    Wir freuen uns auch :-)

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