Historie

24. September 2011

letzter Tag in Astrachan


Das Haus der Gemeinschaft wird von Mirella geführt und steht am Ende Astrachans. Die Straßen sind katastrophal. Die Häuser ähneln denen in der Innenstadt.
Mirella ist 30, kommt aus Italien und möchte hauptsächlich als Christin leben. Sie war als Praktikantin der Gemeinschaft Johannes XXIII das erste Mal in Russland. Inzwischen lebt sie seit 4 Jahren in Astrachan und hat hier in den Obdachlosen ihre Familie gefunden. Sie möchte auch gerne heiraten, wenn ihr Gott den richtigen Mann schickt. Sie vermisst manchmal ihre Familie in Italien, aber sie nimmt alles wie Gott es will. 
Es macht Freude sie zu erleben.
In ihrem Haus wohnt auch eine Mutter mit ihren zwei Kindern. Ihr Mann hat sie raus geschmissen. Eine eigne Wohnung kann sie sich nur leisten, wenn sie Arbeiten geht. Arbeiten kann sie nur gehen, wenn jemand auf die Kinder aufpasst. Und so wohnt sie bei Mirella, die Praktikanten und sie passen auf die Kinder auf und die Mutter trägt durch ihren Lohn mit zum Erhalt der Hauses bei. Das wichtigste ist, dass die Kinder aus dem Kreislauf von Vernachlässigung und Gewalt raus kommen.
Im Haus haben wir gestern auch zwei Männer, einen ohne Finger, ohne Ohren und keine Kraft in den Beinen und einen im Jogginganzug erlebt. Durch die etwas umständliche Verständigung haben wir nicht gefragt, wer sie sind. Wir dachten, dass sind 2 Obdachlose. Heute stellte sich raus, dass der im Jogginganzug der Verantwortliche für alle russischen Häuser der Gemeinschaft ist.
Aller 2 Monate kommt er nach Russland und schaut nach dem Rechten. Dann gibt es für alle Mitarbeiter der Gemeinschaft auch ein gemeinsames Treffen, auf das sich alle sehr freuen. Es findet mal in Wolgograd, mal in Elista und mal in Astrachan statt. Diesmal ist Elista dran.

Die „Suppenküche“ war ein Verständigungsfehler. Mit Mirella und dem Auto fahren wir durch Astrachan. Im Grunde zu den gleichen Plätzen wie gestern, nur besuchen wir diesmal nicht die Stände und Händler, sondern die Obdachlosen, die dort betteln und zum Teil schon auf uns warten. Jeder bekommt einen Plastebecher heißen Tee und 4 Scheiben Weißbrot mit Schinkenwurst in einer kleinen Frühstückstüte. Alle waren freundlich und dankbar und an den Deutschen interessiert. Aber das ist wohl nicht immer so, denn allein macht Mirella diese Touren nie, es könne manchmal auch gefährlich sein, sagt sie uns.
Mirella nimmt jeden so wie er ist. Auf der Brücke hab ich gestern einen jungen Mann gesehen, bei dem ich dachte, die Krücke braucht er nicht wirklich und warum arbeitet er nicht. Ihn haben wir auch besucht. Er hat betrunken einen Verkehrsunfall verursacht, eine Wunde am Hals heilt nicht, die Arbeit ist weg, er lebt mit seiner Mutter zusammen. Auf der Straße bettelt er für die Medizin, die er für seine Wunde braucht. Als Mirella das erste Mal zu ihm kam, sich nach seinem Leben erkundigte und seine Medizin bezahlte, weinte er lange.
So hat jeder Mensch hier und überall sein Schicksal.
Ebenfalls zur Gemeinschaft gehört Swetlana mit „ihren“ Kindern. Sie wohnt in der Nähe von Mirella und führt ein Familienhaus ähnlich Albertas allerdings ohne offenes Kinderzentrum. Dort arbeitet auch grad ein Praktikant aus Osnabrück. Martin. Er hat uns einiges in Deutsch erzählt. Sonst ging hier alles nur in Englisch. Oder Italienisch oder Russisch. Und am Nachmittag hat uns Pater Waldemar noch das katholische Kinderzentrum gezeigt. Dort bieten sie Hortbetreuung für Schulkinder bis 15 Jahre an und nehmen vormittags auch 4 bis 5jährige auf. Die Kinder waren gerade beim Ausschneiden von Bildern. Sie sollten ihre Zukunftswünsche auf einem Blatt gestalten. Alle waren eifrig dabei. Wir haben uns ein bisschen mit ihnen unterhalten können, da die Leiterin auch Deutsch kann. Auf meine Frage, wer die Welt in der Hand hält, kam die Anwort: Putin.
Ich hatte irgendwie vorausgesetzt, dass die Kinder katholisch sind. Sind sie aber alle nicht.

Die Länge dieses Blogs zeigt: der Tag war randvoll mit Erlebnissen, neuen Erfahrungen und Eindrücken. Manches werden wir wohl auch in Dresden mit neuen Augen sehen. Und das ist ja auch ein guter Grund zum Reisen: über dem eignen Tellerrand neues entdecken um dann den eignen Tellergrund neu zu beurteilen.
Morgen früh klingelt um 4.45 Uhr der Wecker, Pater Michael bringt uns zum Flughafen und 16.15 Uhr holt uns mein Mann vom Flughafen Dresden ab. Und in den nächsten Tagen gibt es hier noch eine kleine Zusammenfassung unserer Reise.

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