Historie

6. November 2018

Was war? Was bleibt? Was wird?


Freitag Nachmittag kommen wir an, dann ein entspanntes, ruhiges Wochenende.
Sonntag sehen wir uns in St. Hubertus. Montag geht für Ursula und Thomas der Alltag wieder los.
So war der Plan.

"Ich mach mit!" sagte ein russischer Virus und hatte ganz andere Vorstellungen von Entspannung als wir. Unser Hirn war für ihn ein Trambolin, unsere Luftröhre eine Rutsche ins Sprudelbad der Bronchien. Es ging ihm gut bei uns. Bei allen vieren.
Und deshalb erst jetzt, aus dem Alltag heraus, ein kleiner Abschluß für dieses Jahr.

Zuallererst ein DANKESCHÖN an alle, die uns in Gedanken und Gebeten auf dieser Reise begleitet haben. Es war wie ein Schutzmantel der uns umhüllte.
Danke auch allen, die mit guten Ideen, mit Geld und Bastelmaterial diesen Besuch unterstützt haben. Danke sagen dafür auch
Sr. Alberta und ihre Schützlinge,
Pfr. Wladimir,
die Gemeinde St. Franziskus,
Sergej mit seiner Familie,
die Famillie von Wladik,
die kanadischen Schwestern Marielle, Anna und Brigitte,
Swetlana mit ihren Schützlingen,
Mirella und ihre Obdachlosen.

Und ich bin mir sicher: zum Teil werden sie das Empfangene noch mit anderen teilen.
So zieht dieses gute Füreinander da sein seine Kreise ...

Genauso wie unsere Reise Kreise zieht: in unseren Familien, in unseren Arbeitsstellen, in verschiedenen Gruppen erzählen wir von unseren Erlebnissen, Erfahrungen, Empfindungen. Und der Kreis derer, die Anteil nehmen an Menschen, die wenig für sich selbst sprechen können, wächst weiter.

Das klingt jetzt vielleicht nach eingeschränkten Möglichkeiten aber in der Begegnung merkt man, dass es noch unbegrenzt andere Möglichkeiten gibt, von sich zu erzählen und mit anderen zu kommunizieren.

Übrigens: weil von uns vieren keiner wirklich russisch sprechen kann haben wir uns alle getraut
die Bruchstücke aus 6 Jahren sozialistischem Schulrussisch auszukramen.
Es war einfach lustig und schön und ein wohltuendes Miteinander.

So und jetzt endlich Klartext:

Was war?
es war aufregend, spannend, bereichernd, anstrengend, schön.

Was bleibt?
es bleibt die Verbundenheit im Glauben, in der Freundschaft, in WhatsApp

was wird?
wir werden wieder hinfahren
und vielleicht werden wir vorher etwas Russisch üben


Und bis wir uns wiederlesen sage ich Tschüß und wünsche allen eine gute und gesegnete Zeit.
Maria 



 

27. Oktober 2018

Zufall – kleines Wunder – Überraschung


Egal wie man es nennen will, es ist noch eine schöne Geschichte auf unserer Reise. 
In Astrachan haben Sabine Czapla und ich 2011 einen Deutschlehrer kennen gelernt. Er hat sich damals einen ganzen Tag Zeit für uns genommen und die Stadt erklärt. Also hab ich ihm per Mail geschrieben, dass ich wieder komme und ob er Zeit hätte. Aber die Adresse stimmte nicht mehr. Und in Astrachan hatte nur Pfr. Michael seine aktuelle Nummer, und der ist seit 2 Monaten in Usbekistan. Also war klar: wir treffen Sergej nicht. Schade.
Und heute gehen wir am Nachmittag vom Markt mit Kuchen, Blumen und Weintrauben zum Schwesternhaus zurück und auf einmal ruft es hinter uns: MARIA. Da hat mich Sergej, ohne dass er wußte das ich komme im Astrachaner Gewimmel erkannt. Ich hab mich riesig gefreut. So wurde die Kaffeerunde noch größer und es war ein fröhlicher Plausch.
Und während wir beim Kaffee saßen, rief Katja bei Schwester Anna an und sagte freudestrahlend: "ich hab die Nummer von Sergej!" Da mussten wir alle lachen und die Antwort: "er sitzt grad neben uns." verblüffte dann nicht nur Katja, sondern auch alle, denen wir nach dem Gottesdienst die Geschichte erzählten.
Auf meine Frage an Sergej, wie es der evangelischen Gemeinde in Astrachan geht, konnte er nicht antworten. Er geht nur noch in die katholische Kirche, aber bleibt evangelisch. Das ist ihm wichtig.

Ansonsten sind wir den ganzen Tag durch die Stadt gestromert. Erst mit Katja, die sehr schön über ihre Stadt erzählen kann, und mit der ich im Gespräch einige gemeinsame Bekannte entdeckte. Zum Beispiel Pater Michael Beschoner, der 2016 mit Studenten in Astrachan war. OR Barbara Köhler und Pfr. Michael Dittrich, durch die Katja auch nach Dresden kam. Und Irmhild Ehrlich kennt in Russlands Bistum St. Clemens sowieso jeder Katholik. Und Katja nahm uns dann auch auf ihre Arbeitsstelle mit: den Hort der Caritas. Er befindet sich jetzt im neu sanierten Pfarr und Gemeindehaus. Dort wurde seit ich das erste Mal da war gebaut. Und vor einem Jahr die Einweihung der neuen Räume gefeiert. Also 8 Jahre Bauzeit. Und es ist wirklich alles sehr schön geworden.
Auch in der Stadt wurde viel neu gebaut. Aber zeitgleich zerfallen die Holzhäuser und Ziegelbauten immer mehr. An ihnen und auch an den vielen verschiedenen Bodenfliesen kann man noch den Reichtum der Stadt in vergangenen Zeiten ablesen. Und trotzdem hab ich diesmal nur zwei Menschen betteln sehen. Das war früher anders. Auch streunende Hunde gab es diesmal kaum. Aber das kann auch daran liegen, dass wir diesmal fast nur im Zentrum unterwegs waren. Die Randgebiete, die Obdachlosen, die Minderheitenbevölkerungsgruppen haben wir damals mit Mirella besucht. Und die ist grad in Italien, ihrer Heimat, auf Urlaub.
Ansonsten fragen wir uns immer wieder, wie die Menschen auch im Zentrum so lieblos und unachtsam mit ihrer Umgebung umgehen können.
Oft kam auch der Gedanke: wie würde es bei uns jetzt aussehen, wenn es keine Wende gegeben hätte?

Den Tag beschlossen wir mit dem Gottesdienst in der großen und einzigen katholischen Kirche.
Und einem lustigen Abend mit den Schwestern.
Morgen halb sechs kommen hoffentlich zwei Taxen und fahren uns zum Flughafen. Dann geht es nach Moskau und nach 5 Stunden Wartezeit sind wir auf der Zielgeraden nach Dresden.

Und bis wir uns wiedersehen sagt Tschüß Maria

ps nächste Woche schreib ich einen zusammenfassenden Rückblick, denn erstens ist das gut, zweitens hab ich Zeit dazu und drittens gibt es noch viel zu sagen, was hier fehlt :)

Christen sind eine große Familie


diese Erfahrung haben wir heute wieder mal in vollen Zügen genossen.
Am frühen Mittag sind wir mit Alberta und Tonia nach Astrachan gefahren.
Diese Fahrt ist meißtens wunderschön. Die Steppe hat soo viele Farben und Formen, am liebsten möchte ich den Weg laufen. Aber 350 km sind kein Wanderweg für mal so. Wenn man die ersten Möwen sieht geht es durch die Halbsteppe und dann dauert es nur noch ein Stündchen bis zur Großstadt Astrachan (im Vergleich mit Elista).
Wir haben wieder auf der Sanddüne Station gemacht. Ein Rest des kaspischen Meeres, das sich mal bis nach Elista und weiter zog.
Und endlich hab ich einen trocknen Salzsee betreten. Das ist ein komisches Gefühl. Es sieht aus wie ein zugefrorener Teich und unsere Erfahrung läßt uns vorsichtig darauf laufen. Aber es ist einfach stumpfer weißer Boden, sehr hart und mit dem Schuh kann man es aufkratzen und das Salz in Granulatform mitnehmen.
Dazu Sonnenschein und schöne Wolkenformationen. Was will man mehr?!
Irgendwo auf der Strecke traute sich Thomas zu sagen: naja, das ist ja immer ziemlich gleich hier.
Da haben Alberta und ich gleichzeitig NEIN! gerufen. Die Steppe ist wirklich ein Naturwunder!

Am späten Nachmittag kamen wir in Astrachan bei Swetlana an. Sie gehört auch zur Gemeinschaft Johannes des XXIII. Am Straßensystem hat sich nichts geändert. Wir fuhren schön langsam und vorsichtig. Ursula war gleich von der zwar alten und verbrauchten aber immer noch erkennbaren Schönheit der Häuser angetan und ich freu mich ihnen morgen die ganze Stadt zeigen zu können. Dabei werden wir von Katja geführt, die heute abend auf Anfrage kurzfristig zusagte. Obwohl sie uns garnicht kennt.
Dafür hab ich heut bei Swetlana fast alle Menschen getroffen, die ich in Astrachan kenne:
ihren Sohn Albert, ihre Pflegekinder Ruslan und Natascha. Sie hatte ich zuletzt 2013 in Osnabrück getroffen.
Dann kamen noch die Schwestern Marielle, Anna und Brigitte, sowie Pfr. Waldemar, die Brüder Dimitri und Jatzek. Sie hatte ich bei der Pastoralkonferenz dieses Jahr in Dresden gesehen. Und dann war noch Ljuba, die ehemalige Chefin der Charitas da. Sie hatte ich zuletzt 2017 in Zittau gesehen.
Es war einfach nur schön und herzlich laut als wir uns alle wiedererkannten.
Gemeinsam haben wir dann in der hauseignen Kapelle Gottesdienst gefeiert. 16 Menschen, da war auch der Flur schön besetzt.
Zum Abendessen wurde aufgetafelt wie die vergangenen Tage auch.
Die Verständigung ist durch unser fehlendes Russisch nicht immer einfach, aber was Alberta nicht übersetzt, das kriegen wir in Ansätzen mit.
Die Nacht verbringen wir bei den Schwestern. Sie haben alles schön vorbereitet und vor dem Abendgebet in der Kapelle wurden die letzten Eckdaten für unseren Aufenthalt in Russland geklärt. Übermorgen sind wir wieder zu Hause. Das kann ich mir noch gar nicht vorstellen.
Zu schnell vergingen die Tage.
Also nutzen wir morgen unseren letzten Tag in Russland.
Und schlafen vorher ein paar Stunden.
Gute Nacht wünscht Maria


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